Regional koordinierte Planung ist nötig

  27.08.2018 Aktuell, Gesellschaft, Hindelbank

Da die Erkenntnis «Gemeinsam sind wir stark» seit Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnt, führt die RKE-Geschäftsleitung Informationsabende zur Themenreihe Siedlungsentwicklung durch (2014 Quo vadis?; 2015 Gesundheitsregion als Chance; 2016 Wie sieht das Emmental der Zukunft aus?; 2017 Regionale Arbeitszonen: Lasten und Nutzen fürs Emmental).

Entwicklung durch Planung
Die Themenreihe 2018 steht laut Walter Sutter, Präsident der RKE-Planungskommission (PlaKo), unter dem Motto «Wie regional koordinierte Planung die Entwicklung fördert». Nach einer kurzen Begrüssung mahnt er: «Raumplanung endet nicht an Gemeindegrenzen.»

Peter Hänsenberger, Vizepräsident der PlaKo und Leiter der Burgdorfer Baudirektion, spricht «von den Zwängen einer gemeinden- und regionenübergreifenden Raumplanung, um Dank Koordination und Zusammenarbeit Nötiges und Wünschbares zu erreichen. Zudem können Kosten gespart werden.» Als Beispiel nennt er die seit 1950 praktizierte «Share Economy», bei der Landwirte gemeinsam Landmaschinen anschaffen und sie reihum nutzen. Hänsenberger streift Problemthemen wie regionale Arbeitszonen, verschiedene Planungsstufen unter Einbindung mehrerer Gemeinden und anderes. «Eigeninteressen und Gewinnstreben müssen zurückstehen, nur die Gesamtinteressen zählen.»

Pionier der ersten Stunde
RKE-Geschäftsführerin Karen Wiedmer begrüsst Martin F. Laupper, erster Präsident der fusionierten Grossgemeinde Glarus Nord und Glarner Grossrat. Laut Laupper «sind die Voraussetzungen für Grossfusionen im Emmental und in Glarus unterschiedlich, aber auch hier lässt sich viel erreichen». 2006 hat die Bevölkerung von Glarus an der Landsgemeinde beschlossen, aus 78 Gemeinden (darunter Kirchgemeinden, Burgergemeinden usw.) drei Grossgemeinden (Glarus, Glarus Süd, Glarus Nord) zu bilden.

Heute hat sich das einstige «Jammertal Glarus» mit schlechten finanziellen Perspektiven (Kanton und Gemeinden verschuldet, niedrige Steuereinnahmen), Problemen wie Abwanderungen, Firmenschliessungen usw. in eine Region in Aufbruchstimmung verwandelt. «Das verdanken wir nicht zuletzt den grossen Vorteilen bei der Raumplanung, bei der heute die acht beteilig­ten Gemeinden (18 400 Bewohner, 151 km² Fläche) von Glarus Nord zusammenarbeiten.» Früher habe jede Gemeinde für sich Bauland eingezont. Ziel sei ein für alle acht Gemeinden gültiger Zonenplan mit möglichst grossen planerischen Freiheiten. Er wünscht sich «mehr Kreativität und neue Denkanstösse beim Bauen statt Einheitsbrei».

Erfolgsgeschichte im Jammertal
Anhand zahlreicher Beispiele erläutert Laupper die schrittweise Entwicklung der Region auf verschiedenen Ebenen wie Landschaftsschutz, Nachhaltigkeit aller neuen Richtlinien, Chancen dank neuem politischem Rahmen, Schutz von Ortsbildern, Landschaften, Deblockade von Projekten und vielem mehr. Er betont «die Professionalität bei der Planungsbehörde, die Voraussetzung für erfolgreiches Arbeiten ist. Weiter ist die Einbindung der Bevölkerung sehr wichtig. Der erste Zonenplan, bei dem 40 Hektaren Bauland zurückgezont worden wären, ist wuchtig verworfen worden.»

Glarus Nord weist heute 500 zusätzliche Arbeitsplätze, 50 Firmenzuzüge und über 2000 neue Bewohner aus. Der Anschluss ans Nationalstrassennetz steht bevor, der Militärflugplatz Mollis wird zu einer Helikopterfabrikation mit ca. 500 neuen Arbeitsplätzen ausgebaut. Lauppers Fazit: «Regional koordinierte Planung ist ein grosser Vorteil.»

Kräfte bündeln für Erfolg
Der zweite Referent Kult. Ing. ETHZ Christoph Zindel blickt auf reiche Erfahrungen in der Raumplanung/Raumentwicklung zurück. Auch er spricht Reformen und Zusammenschlüssen zu, so der Strukturreform in Graubünden, um mehr Effizienz zu erzielen. «2015 sind dabei die fünf früheren Positionen (Kanton, Regionalverbände, Bezirke, Kreise, Gemeinden) auf drei reduziert worden (Kanton, Regionen, Gemeinde). Diese sind auf planerischer Ebene gemeindeübergreifend mit der regionalen Richtplanung und Wirtschaftsentwicklung, Grundbuchamt, Zivilstandsamt, Betreibungs- und Konkursamt, Spitex, Musikschule, Tourismusentwicklung usw. befasst. Jede Region organisiert sich anders. Dazu kommt, dass immer weniger Personen ehrenamtliche Ämter in den Gemeinden anstreben, die mit viel Arbeit und Verantwortung verbunden sind und nicht selten grossen Ärger bringen.»

Zindel erwähnt bei den finanzstarken Gemeinden «das auffallend hohe Ego», wobei die Gemeindeautonomie sowieso sehr hoch sei. Als zukunftsorientiert spricht er von den Fusionen der Gemeinden in bündnerischen Seitentälern, die jetzt ihre Aufgaben wieder wahrnehmen können.

Tardisland und Origen
Als Beispiel gelungener Kooperation und vielversprechender Zukunftsperspektiven nennt er Tardisland. Auf 33 Hektaren Land der Standortgemeinden Zizers und Landquart ist ein Industrie- und Gewerbegebiet entstanden. 27 Hektaren Land sind bereits verkauft und weitgehend genutzt. Das Outletcenter zieht weitere Anbieter nach. «Stärke durch Grösse, Stärke durch Exklusivität.»

Letzteres gilt für Origen als «Welttheater» (Musiktheater und Tanzfes­tival mit Besuchern aus aller Welt), was die Ortschaft Riom als Kulturort positioniert (Wackerpreis 2018). «Die Dorfentwicklung lebt von Origen.» Erwähnenswert ist auch der 2017 erstellte Julierturm auf dem Julierpass, der zahlreiches Publikum zu den Aufführungen anlockt.

Zindel fasst seine Erkenntnisse aus jahrzehntelanger Arbeit wie folgt zusammen: «Entwicklung durch regional koordinierte Planung ist ein Wachstumsträger; Grösse verleiht Stärke; Innovation ist unersetzlich.» Nach der durch Karen Wiedmer moderierten Diskussion unter Einbezug des Publikums widmen sich die Anwesenden im Sofa-Theater Hindelbank dem delikaten Apéro.

Gerti Binz


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